Piloteinsatz wissensgestützte prädiktive Regelung im Klärwerk Ruhleben    
 
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Aufgabe

 

 
In Klärwerken werden die Gebläse üblicherweise nach dem O2-Gehalt im Belebungsbecken oder abhängig von Nitrat- und o-Phosphat-Gehalt am Abfluss des Belebungsbeckens geregelt. Will man andere Größen, wie Rezirkulation, Rücklaufschlamm, Überschussschlamm oder die Ablaufwerte in eine automatische Regelung einbeziehen, bedarf es einer Vorhersage der zeitverzögerten Prozessgrößen. Dafür werden phänomenologische Modelle eingesetzt. Die IAWQ-Modelle sind dabei anerkannter Standard. Für die Klärwerkspraxis sind die Modelle jedoch zu kompliziert zu bedienen. Deshalb werden maschinelle Lernverfahren eingesetzt, die die charakteristischen Prozesse eines Klärwerkes abbilden und sich selbst adaptieren können. Dies wird mit neuronalen Netzen mit überwachten oder unüberwachtem Lernen in Kombination mit Entschei-dungsbaumverfahren erreicht Abhängig von der eingesetzten Technologie werden bei Klärpro-zessen die Belüftung und die Strömungsraten geregelt. Charakteristisch ist, dass die Wirkungen auf den Prozess unterschiedliche Zeithorizonte aufweisen und äußere Einflüsse wie z.B. der des Zulaufes nicht vorhersagbar sind. Das hat zur Folge, dass durch eine Regelung, die auf zeitnahen Messwerten beruht, die Zulaufstörungen auf die Ablaufwerte nicht immer ausgeregelt werden können. Dem Klärwerkspersonal obliegt es, den Klärprozess so zu beeinflussen, dass das Reini-gungsziel erreicht wird. Deshalb ist das Fachwissen der Anlagenfahrer unentbehrlich auch wenn Teilinformationen durch Szenariensimulation
 
phänomenologischer Modelle nachgeliefert werden. Es ist darum anzustreben, dass einerseits dieses Fachwissen bewertbar konserviert und andererseits der Einfluss des Zulaufs bestmöglich beseitigt wird. Dies sollte sich in einer geringeren Anzahl typischer Ablaufspitzen bemerkbar ma-chen. Wenn auch noch nachgeordnete Zielstrategien einbezogen sind, können auch zusätzliche wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. Dies kann z.B. der Energieeinsatz oder die Schlammausbeute sein. Die Firma „3S-sensors systems solutions“ hat sich dieser Aufgabe gewidmet und bietet „ISAR“ als patentrechtlich geschützte, technische Lösung an.
 
 
 

Abbildung 1: Prinzip einer wissensgestützten Handlungsunterstützung

 
   
     
  Lösung  
     
 

Um sowohl Daten des Prozessleitsystems nutzen zu können als auch zusätzliche Informationen über die Zulauffrachten und die Ablaufwerte zu erhalten, musste eine Anbindung des Systems ISAR an das PLS und an die zusätzliche Messtechnik realisiert werden. Die Sensortechnik wurde über Hardwarekopplung an die SPS des PLS verbunden. Die Kommunikation mit dem PLS erfolgte über einen Koppelrechner mit der Koppelsoftware winTM®. Eine DFÜ-Verbindung zwischen dem Büro von 3s und dem Klärwerk diente der regelmäßigen Überwachung. Die Realisierung wurde von der Siemens AG durchgeführt. Für die Dauer der Versuche stand dem Projekt KOCBIT die komplette Reinigungslinie 10 im Klärwerk Ruhleben zur Verfügung. Die Daten des Prozessleitsystems und die Messdaten der Multisonden am Zu- und Ablauf werden vom Koppelrechner an ISAR im 5-Minutentakt übergeben und ISAR übergibt die veränderten Sollwerte über dem Koppelrechner an die entsprechenden Aktoren.

Im Klärwerk Ruhleben ist für den Zeitraum November 2006 - März 2007 die traditionelle Luftregelung in dem Belebungsbecken der Linie 10 durch eine wissensgestützte Regelung versuchsweise ersetzt worden. Zur Durchführung der Regelungsexperimente wurde das System ISAR© mit dem PLS und mit zusätzlichen Messsonden am Zu- und Ablauf verbunden. Basis für ein erstes Training sind historische Daten, die das Prozessverhalten auf unterschiedliche konventionelle Regelstrategien enthält. Nach dem Training ist das in den Daten verborgene technologische Wissen in WENN-DANN-Regeln enthalten.

 
   
     
 

Die folgenden Messdaten der Linie 10 aus dem Prozessleitsystem und aus Laboruntersuchungen sowie die zusätzlichen Sensorischen Messungen werden verwendet:

- am Zulauf Belebung: pH-Wert, Leitfähigkeit, redox-Potential, Ammonium, SAK, Trübung, Temperatur

- am Ablauf Belebung : pH-Wert, Leitfähigkeit, redox-Potential, Ammonium, O2-Konzentration, Temperatur

- charakteristische Werte der Belebung aus dem PLS : Ammonium, Nitrat, o-Phosphat, Trockensubstanz im Rücklaufschlamm

- Werte aus dem PLS : Zulaufmenge, Temperatur, Trockensubstanz im Belebungsbecken

- Handlungsdaten aus dem PLS: O2-Konzentration Mitte und Ablauf Belebung, Luftmenge Mitte und Ablauf Belebung, Schlammmenge Rücklauf, Rezirkulation und Überschussschlamm.

 
   
     
 

Die wissensgestützte Regelung ersetzt die meistens fest vorgegebenen Sollwerte durch variable, optimaler an der Prozess angepasste Werte. Diese werden aus der Summe der in den historischen Daten abgebildeten Möglichkeiten passend zu den aktuellen Messwerten und den Zielen mit der Wissensbasis ermittelt. Dabei werden die zeitverzögerten Ablaufwerte im Becken und am Ablauf der Linie prädiktiv und die Belastung durch den Zulauf berücksichtigt. Ein Regelung kann dann die Vorgabe für die Belüftung selbst sein. Dabei wird die Kaskadenregelung der Belüftung, d.h. die Vorgabe für die Luftmengen durch die O2-Regler, außer Betrieb gesetzt. Bei der zweiten Variante werden dem Regelkreis die Sollwerte für die O2-Konzentration vorgegeben ohne die Kaskadenregelung der Belüftung aufzubrechen. Entsprechend dieser Möglichkeiten sind die Experimente durchgeführt worden:

- direkte Vorgabe der Sollwerte für die Luftmengen,

- Vorgabe der Sollwerte für die O2-Konzetrationen und

- zusätzlich Variation der Sollwerte für die Rezirkulation und den Rücklaufschlamm.

Das System wertet die Korrelationen aller Prozessparameter und die Regelabweichungen aus, um die beeinflussbaren Sollwerte in Richtung einer optimierten Prozessführung zu verändern. ISAR steht so als Optimierungswerkzeug vor der konventionellen Eingrößenregelung. Als Ergebnis des Projektes wird nachgewiesen,

- dass das System das technologische Wissen richtig reproduziert,

- dass die Regelung die Prozessstabilität verbessert und

- dass noch genügend Potential zur Energieeinsparung erschlossen werden kann .

Dabei sollen als Ergebnis auch die technologischen Mindestanforderungen und Aufwendungen abgeschätzt werden, die ein Einsatz des Systems erfordert.

 
     
  Ergebnisse  
     
 

In den ersten beiden Phasen des Projektes wurde nachgewiesen, dass sensorisches Messen sowohl am Ablauf als auch am Zulauf zur Kläranlage stabil mit ausreichender Genauigkeit durchführbar ist. Die Hardware ist funktionstüchtig. Eine stabile, kontinuierliche Bereitstellung der sensorischen Messdaten über das Prozessleitsystem von Ruhleben zum ISAR-Rechner konnte im Testzeitraum nachgewiesen werden. Die regelmäßig durchgeführten Vergleichsmessungen zeigen ausreichendes Fehlerverhalten. Die erreichten Messfehler der in ISAR verwendeten Sollwerte liegen unter 8%. Damit ist garantiert, dass vergleichbare Prozesszustände in ISAR gleich bewertet werden. Das System wertet die Korrelationen aller Prozessparameter und die Regelabweichungen in einer Trainingsphase aus, um die beeinflussbaren Sollwerte in Richtung einer optimierten Prozessführung zu verändern. ISAR steht so als Optimierungswerkzeug vor der konventionellen Eingrößenregelung. Als Ergebnis des Projektes konnte nachgewiesen werden,

- dass das System das technologische Wissen richtig reproduziert,

- dass die Regelung die Prozessstabilität und Regelgüte verbessert und

- dass noch genügend Potential zur Energieeinsparung erschlossen werden kann.

Das Einsparungspotential an Energie ist trotz der technischen Restriktionen, festgelegte Mindestmengen um Verschleiß der Luftkerzen entgegen zu wirken, mindesten 15%

 
     
  Nutzen  
     
 
Die knapper und teuerer werden Ressourcen drängen auch in technischen Prozessen auf einen effizienten Umgang mit ihnen. So ist es notwendig, solche Prozesse umfassend zu „managen“, um so die optimalen Systemarbeitspunkte einzustellen bzw. die volle Nutzung der eingesetzten Investitionen abzusichern. Diese Herangehensweise wird als Plant Asset Management (PAM) bezeichnet. ISAR© ist als Optimierungskomponente in das PAM eingegliedert. Die übliche Anwendung wird als separate Hard- und Software über das Bussystem (PLS) der vorhandenen Anlage eingebunden. ISAR© ist z. Z. auf der Basis von Windows XP® lieferbar. Eine Portierung auf LINUX© ist vorgesehen. Die Leistungsfähigkeit von ISAR wurde im Projekt „KOCBIT“ des KompetenzZentrumWasserBerlin (KZB) überprüft. Das zu erschließende Optimierungsvolumen, das sich vorrangig in einer prozessangepassten Luftmenge für die Belüftung manifestiert, beträgt ca. 15%, was bezogen auf eine Reinigungslinie einer geschätzten Einsparung von ca. 50 T €/a entspricht. Beim Einsatz in einer Reinigungslinie amortisiert sich der Einsatz von ISAR© nach 4 Jahren und beim Einsatz in einem kompletten Block (4 Linien) nach 2 Jahren. Bei diesen Angaben ist zu berücksichtigen, dass durch technisch bedingte Restriktionen (festgelegt Luftmengenuntergrenze) das Optimierungsvolumen in der Referenzanlage nur unvollständig genutzt werden konnte. So ließen sich die jährlichen Einsparungssummen sicher verdoppeln. Des Weiteren kann der Prozessarbeitspunkt in Richtung der Überschussschlammausbeute verändert werden, um so dessen Potenzial besser nutzen zu können.
 
     
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